Auch wenn lediglich 1.100 Kilometer Paris und Glasgow voneinander trennen, von den Zielen des letzten Weltklimagipfels 2015 in der französischen Hauptstadt ist man in Sachen Klimaschutz und einer Reduzierung der Treibhausgase sechs Jahre später immer noch meilenweit entfernt. Doch es keimt Hoffnung auf. Durch zahlreiche Regierungswechsel und einem neuen, bisher so nicht dagewesenen öffentlichen Druck, scheint es nun vorwärtszugehen. Auch die USA sind nach der Ära Trump wieder mit an Bord und wollen bei diesem Thema vorangehen. Sollten sie auch, denn kein Land auf der Welt bleibt vom Klimawandel unberührt, alle werden in hohem Maße mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert: Rekordhitze, gefährlichere Buschfeuer, Überschwemmungen an den Küsten und heftige Stürme.
Die letzte Chance
Die laufende Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen dürfte auch die letzte Chance sein, das Ruder noch rumzureißen und einen Konsens über zwei Ziele erzielen zu können: die Treibhausemission bis 2050 auf null zu senken und die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau festzusetzen. Die Rahmenbedingungen dafür könnten allerdings fast nicht schlechter sein. Der Großteil der Welt leidet unter einer Energiekrise, die eher die Abhängigkeit der Länder von fossilen Brennstoffen erhöht und gleichzeitig aber die kurzfristige Rentabilität erneuerbarer Energiequellen in Frage stellt. Alle Beteiligten werden deshalb versuchen, dieses Paradigma in Glasgow auf den Kopf zu stellen.
Die Staaten öffnen die Portmonees
Auch Wirtschaft und Anleger blicken in diesen Tagen nach Schottland, denn für viele Unternehmen könnten die Entscheidungen enorme Auswirkungen haben. Die Klimaziele der Länder und ihre Fahrpläne zur Erreichung dieser ebnen den Weg für neue öffentliche Ausgabenpläne, die insbesondere den gesamten Sektor der Erneuerbaren Energien begünstigen dürften. Und die Streichung von Subventionen für fossile Brennstoffe, die ebenfalls auf dem Weltklimagipfel zur Sprache kommen könnte, würde den Öl- und Gassektor treffen. Da es sich um nationale Ziele handelt, dürften viele der Auswirkungen auf die Unternehmen von Land zu Land jedoch unterschiedlich zu spüren sein.
In den USA steht vieles von dem bereits in Bidens Ausgabenplan und Wahlprogramm, der Investitionen in saubere Energie sowie eine Kombination aus Steuergutschriften und anderen Anreizen für Privatpersonen und Unternehmen zur Emissionssenkung vorsieht. Ein mögliches großes Infrastrukturprojekt mit deutlich steigenden Fiskalausgaben wird derzeit auf den Weg gebracht. Auch hiervon dürften vor allem Firmen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien profitieren. Dieser Trend wird auch an der Börse immer mehr wahrgenommen, verstärkt hat er sich mit dem Sieg der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen November.
Die CO2-Bepreisung als Lenkungsgröße
Die makroökonomischen Kräfte, die auf die Aktien wirken, werden in den nächsten Monaten und Jahren versuchen, diese neue Weltordnung einzupreisen. Dies sollte jedoch nicht heißen, dass Ölaktien ins Bodenlose abstürzen und „grüne Aktien“ in den Himmel steigen, sondern dass es auf beiden Seiten Profiteure geben wird, die durch ihren technologischen Vorsprung gute Ergebnisse liefern. Ein wichtiges Steuerungsinstrument hierfür dürfte die CO2-Bepreisung sein. Für kohlenstoffintensive Sektoren wie die Stromerzeugung, die Stahl-, Zement- und Chemieindustrie sind höhere Preise eindeutig negativ, während sie andererseits die Bereiche E-Mobilität, grüner Wasserstoff und Kohlenstoffabscheidung und -speicherung begünstigen würden.
Es ist also nicht verwunderlich, dass mit dem immer größer werdenden Druck, etwas gegen den Klimawandel zu tun, auch an der Börse solche Themen wie Wasserstoff und erneuerbare Energien unter den Anlegern heiß diskutiert werden. Regierungspläne aus Europa und den USA sehen hier vor allem den grünen Wasserstoff als wichtigen Energieträger der Zukunft vor. Die Strategien dürften auch in Zukunft von erheblichen staatlichen Finanzierungsmitteln für die Erforschung neuer Methoden und Technologien begleitet werden.
Wasserstoff-Aktien nehmen zweiten Anlauf
Wasserstoffaktien gehörten 2020 zu den begehrtesten Wertpapieren an der Börse. Unternehmen wie Nel, Ballard Power und FuelCell Energy wurden als Wetten auf eine nachhaltige Zukunft gesehen. Die Aktienkurse stiegen stark an und damit auch die Bewertungen der Unternehmen. Doch seit Mitte Februar dieses Jahres ging es rapide bergab. Für Anleger in Wasserstoffaktien stellt sich nun die Frage, ob nach einer möglichen Konsolidierung die nun wieder anziehenden Kurse eine Einstiegsmöglichkeit darstellen oder ob sich die Korrektur weiter fortsetzt. Die Vorschusslorbeeren wurden und werden also verteilt, nur da die Unternehmen in der Regel noch keine oder geringe Gewinne erwirtschaften, gibt es auch immer wieder Marktphasen, in denen diese Aktien abgestraft werden.
Auch Ölmultis haben ihre Chance
Auf der anderen Seite spielen die großen Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Chevron, BP und Royal Dutch Shell zwar offiziell keine Hauptrolle auf dem Weltklimagipfel, dabei dürften auch sie von den Entscheidungen und Fahrplänen direkt beeinflusst werden, gerade wenn es um die CO2-Bepreisung geht. Zum Teil liegt das daran, dass es für die großen Ölgesellschaften einen starken geschäftlichen Anreiz gibt, sich am Emissionshandel zu beteiligen, um so ihren Geschäftsmix weiterzuentwickeln. Sie sind Spezialisten auf den Energiehandelsmärkten, spielen eine Schlüsselrolle bei der Weiterleitung globaler Energie an Verbraucher in aller Welt und wären für die Abwicklung komplizierter Wertschöpfungsketten gut aufgestellt. Das könnte ein echtes Wachstumsgeschäft für die großen Ölmultis und sie könnten damit auch einen positiven Beitrag zur Dekarbonisierung des Planeten leisten. Ein globales System für den Handel mit CO2-Emissionsrechten wäre sowohl für die einzelnen Akteure als auch für die Welt als Ganzes sehr wichtig.
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