Die heutige Energiekrise, die durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine im Februar noch verschärft wurde, hat dringende Fragen zum Tempo der Energiewende aufgeworfen und verdeutlicht, wie weit die Welt noch davon entfernt ist, von fossilen Brennstoffen wegzukommen.
COP 27
Die Wahrheit ist, dass die EU ihre Dekarbonisierungsziele seit dem Beginn des Ukraine-Krieges beschleunigt hat. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Europa das russische Pipeline-Gas nicht vollständig durch Wind- und Sonnenenergie ersetzen kann. Das kann man nicht von heute auf morgen durch erneuerbare Energien ersetzen - das braucht Zeit.
Damit ist das Dilemma der Energiewende auf den Punkt gebracht. Die Weltwirtschaft wird in den kommenden Jahren noch mehr fossile Brennstoffe benötigen, da die Energiewende Jahrzehnte dauern wird. Die gute Nachricht ist, dass im Gegensatz zu früheren COP-Treffen diesmal auch Vertreter von Öl- und Gasproduzenten anwesend waren, um die Diskussion offener zu gestalten.
Die Produzenten betonen, dass es bei der Klimadiskussion um die Beseitigung der Emissionen gehen sollte, die die globale Erwärmung verursachen, und nicht um fossile Brennstoffe. Die Industrie kann fossile Brennstoffe dekarbonisieren, indem sie Technologien wie Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) und Wasserstoff ausbaut oder naturbasierte Kompensationen nutzt. Dies würde den Kohlenstoff-Fußabdruck der Öl- und Gasindustrie drastisch reduzieren, während die Welt allmählich auf kohlenstoffarme Alternativen umsteigt, einschließlich erneuerbarer Energien und Elektrofahrzeuge. Das ist ein vernünftiger Weg, der den abrupten Übergang vermeidet, der die europäische Wirtschaft an den Abgrund gebracht hat.
Weitere Sanktionen gegen Russland
Der weltweite Referenzpreis für Rohöl der Sorte Brent liegt seit Ende August wieder unter 100 USD pro Barrel und ist seit seinem bisherigen Jahreshöchststand von 140,51 USD im März um über 33 % gesunken. Derweil bereitet sich der Markt auf die nächste Sanktionsrunde der EU gegen Russland vor.
Das von der Europäischen Union verhängte Einfuhrverbot für russisches Öl auf dem Seeweg und der Plan der G7, die Preise für Öl aus Russland ab dem 5. Dezember zu deckeln, sind keine Garantie dafür, dass die Preise für Öl direkt ansteigen müssen oder dass sich das Angebot in den kommenden Wochen dadurch wesentlich verknappt.
Allerdings dürften auch diese Sanktionen, wie bereits auch die vorherigen, nur eine begrenzte Wirkung haben, da die russischen Öl-Fässer umgeleitet und nicht vom Markt genommen werden. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass die russischen Ölexporte durch das EU-Ölverbot um 1,1 Millionen Barrel pro Tag geringer werden.
Das Instrument einer Preisobergrenze ist in einem freien und teilweisen knappen Markt auf Dauer ebenfalls kritisch zu sehen, wenn die Wirkung durch Umgehungslösungen gedämpft wird oder in der realen Welt einfach unwirksam sein könnte.
Transportwege werden angepasst
Es wird erwartet, dass die russischen Rohölexporte auf dem Seeweg überwiegend von der EU nach Asien umgeleitet werden, so dass es keine allzu großen unmittelbaren Auswirkungen auf die Preise geben dürfte, wenn die Sanktionen gegen Russland in Kraft treten.
Bisher wurde keine konkrete Preisobergrenze für russisches Öl festgesetzt. Sie könnte allerdings im Bereich von 65 Dollar pro Barrel liegen, was einen größeren Abschlag für Ural-Öl, die gängigste russische Exportsorte, bedeuten würde, was derzeit bezahlt wird.
Der Grundgedanke der G-7 besteht darin, eine feste Zahl als Preisobergrenze festzulegen, um den Ölmarkt zu „zähmen" und die Höhe der Gewinne zu begrenzen, die der russische Präsident Wladimir Putin in seine Kriegsmaschinerie einspeisen kann.
Ein Sekundärmarkt entsteht
In den Tagen und Wochen nach der Festlegung der Obergrenzen wird der Markt wahrscheinlich schnell feststellen, dass Indien und die Türkei ihre Importe von Öl aus dem Nahen Osten zugunsten von mehr russischem Öl rapide zurückfahren werden. Die Vermutung liegt nahe, dass Russlands Nicht-G-7-Kunden wahrscheinlich billigeres russisches Rohöl importieren werden, es raffinieren und mit einer großen Gewinnspanne an die G-7 (EU) verkaufen werden, sodass die Öl-, Benzin- und Dieselpreise in der EU hoch bleiben werden. Die Türkei hat bereits jetzt ihre Importe aus Russland im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht und stellt sich als neues internationales Drehkreuz für den Ölhandel auf.
Wie könnte es mit dem Ölpreis (Brent) weitergehen?
Der seit Sommer 2022 bestätigte Abwärtstrend im Ölpreis (Brent) ist weiterhin maßgebend. Aktuell würde erst ein Anstieg über den Bereich bei 111,20 USD diesen Abwärtstrend beenden. Auf dieser Grundlage hat der Ölpreis derzeit Raum und Zeit, seine Erholung vom 83,40 USD Tief fortzusetzen. Ein Erreichen der 105,20 USD Marke ist dabei möglich, solange der Kurs nicht unter 89,20 USD fällt. Alternativ ist die Erholung bereits mit dem Erreichen der 101,20 USD Marke abgeschlossen und der Markt ist kurz davor, die Unterstützung bei 89,20 USD zu attackieren. Dann wäre ein weiterer Abverkauf in Richtung der Tiefs bei 83,40 USD und sogar der 71,80 USD Marke auf der Tagesordnung.
Quelle: CMC Markets Plattform, Tageschart, 17.11.22Sie möchten Ihre Trading-Idee gleich an einem Live-Chart ausprobieren?
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