Weitere Kürzungen der Rohölproduktion werden den Druck auf die Verbraucher verstärken, so die IEA in einem Kommentar zur vorgenommenen Förderkürzung der OPEC+ vor einigen Tagen.
Die überraschenden Produktionskürzungen der OPEC+ könnten das Ölversorgungsdefizit in diesem Jahr verschärfen und die wirtschaftliche Erholung gefährden, warnte die Internationale Energieagentur (IEA) am vergangenen Freitag.
OPEC+ -Förderkürzung lässt Ölpreis steigen
Anfang dieses Monats kündigten die führenden Produzenten innerhalb der Gruppe der 23 erdölexportierenden Länder freiwillige zusätzliche Kürzungen von 1,16 Millionen Barrel pro Tag an, die im Mai beginnen und bis Ende 2023 andauern sollen. Diese Drosselung kommt zu der bereits seit November letzten Jahres geltenden Reduzierung der russischen Fördermenge um 500.000 Barrel pro Tag und der angestrebten Reduzierung der anderen OPEC-Staaten um zwei Millionen Barrel pro Tag hinzu.
"Das Gleichgewicht auf dem Ölmarkt könnte sich bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 verschieben, sodass ein erhebliches Angebotsdefizit entstehen könnte. Die jüngsten Kürzungen könnten diese Spannungen noch verschärfen und sowohl die Rohöl- als auch die Produktpreise in die Höhe treiben", schreibt die IEA in ihrem jüngsten Ölmarktbericht dazu.
Das saudische Energieministerium bezeichnete die Kürzungen als "Vorsichtsmaßnahme zur Unterstützung der Stabilität des Ölmarktes". Aus Sicht der OPEC war die Maßnahme der Ölproduzenten, in einer Zeit hoher Volatilität aufgrund der anhaltenden Bankenkrise in den USA und Europa, allgemeiner weltwirtschaftlicher Unsicherheit und unvorhersehbarer energiepolitischer Entscheidungen notwendig.
Vor der Ankündigung der Förderkürzungen waren die Ölpreise auf ein 15-Monats-Tief gefallen, doch die Entscheidung der OPEC+ ließ sie wieder steigen. Heute stehen die Ölpreise jedoch wieder tiefer als vor der Entscheidung.
OPEC wehrt sich gegen die Kritik der IEA
Aus einer Erklärung der OPEC als Reaktion auf die Kritik der Internationalen Energieagentur geht hervor, dass sich die OPEC in ihre Entscheidungen nicht hineinreden lassen will.
"Als Antwort auf die jüngsten Kommentare der IEA, die die OPEC und die OPEC+ kritisieren, hat der Generalsekretär der OPEC, Haitham Al Ghais, noch einmal erklärt, dass die OPEC und die OPEC+ nicht versuchen, einen bestimmten Ölpreis zu erreichen. Die OPEC betont, dass sich sowohl die Organisation als auch die OPEC+-Allianz bei ihren Entscheidungen nur auf grundlegende Marktfaktoren konzentrieren und "lebenswichtige" Investitionen in die Ölindustrie tätigen, die die Welt braucht.
"Die IEA ist sich durchaus bewusst, dass eine Reihe von Faktoren den Markt beeinflussen. Das Coronavirus, die Geldpolitik, Veränderungen der Ölreserven, Handelssysteme, der Verkauf von Öl aus strategischen Reserven (koordiniert oder unkoordiniert), die Geopolitik und viele andere Faktoren", so Haitham Al Ghais.
Ihm zufolge ist es falsch und technisch nicht korrekt, den Ölmarkt für diesen Prozess verantwortlich zu machen, da viele andere Faktoren die Inflation beeinflussen. Andere Energiemärkte sind instabiler als der Ölmarkt, und dies ist weitgehend auf die stabilisierende Rolle der OPEC und der OPEC+ zurückzuführen, betonte der OPEC-Generalsekretär.
Der Ölpreis ist auf einer wichtigen Weggabelung
Der Streit zwischen OPEC und der IEA ist eine Art Machtkampf, wobei beide Seiten gute und weniger gute Argumente haben. Man darf durchaus die langfristigen Prognosen der IEA (und insbesondere ihr schlecht kommuniziertes Szenario "keine weiteren Investitionen in Öl und Gas erforderlich") in Frage stellen. Aber die Behauptung der OPEC, dass sie keine Ölpreisziele verfolge, ist einfach lächerlich. Es könnte sich auch als Eigentor erweisen, denn es schadet ihrer Glaubwürdigkeit. Nichtsdestotrotz ist der Ölpreis an einer wichtigen mittelfristigen Weggabelung angekommen.
Wie könnte es mit dem Ölpreis weitergehen?
Der Ölpreis (Brent) befindet sich derzeit fast genau in der Mitte der gesamten Jahreshandelsspanne des Jahres 2023. Damit dürfte eine entscheidende Phase am Markt begonnen haben. Sollten sich die Bullen durchsetzen, dürften die Tiefpunkte des Jahres bei rund 70 USD gesetzt worden sein und ein Durchbruch der bisherigen Jahreshochs bei rund 88 USD würde eine weitere Anstiegsphase in Richtung 92,50 und 98,50 USD ankündigen. Auf den anderen Seiten könnten die Bären, nach der zunächst verpufften Fördersenkung erneut die Oberhand gewinnen, vor allem so lange die Jahreshöchstände bei rund 88 USD nicht überschritten werden. Hier wären dann weitere Kursverluste in Richtung 70 USD und später sogar in Richtung 65 USD möglich.
Quelle: CMC Markets Plattform, Tageschart, 28.04.23Sie möchten Ihre Trading-Idee gleich an einem Live-Chart ausprobieren?
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