Längst beherrscht das Thema Inflation die Titelblätter. Dahinter steckt auch ein immenser Preisanstieg bei Nahrungsmitteln und Weizen. Ursächlich ist auch der Krieg in der Ukraine und die Lieferengpässe, die durch den Schrecken des Krieges entstanden sind. Nicht-Regierungs-Organisationen stellen aber auch Spekulanten an den Pranger. Sie würden Preisanstiege ins Unermessliche ermöglichen. Doch ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?
Zunächst muss man erwähnen, dass Spekulanten jene Marktteilnehmer sind, die zwar einen Zugang zu den Terminbörsen haben und dort für den Handel von Terminkontrakten, so genannten Futures, auch registriert sind. Aufbauend auf Futures gibt es zahlreiche Derivate, von den bei CMC Markets handelbaren CFDs bis hin zu Optionen und anderen. Futures und auch die meisten Derivate ermöglichen es Spekulanten auf steigende wie auch auf fallende Kurse zu setzen, was etwa auch für CFDs auf Weizen zutrifft. Spekulanten befinden sich also auf beiden Seiten des Marktes: Die einen halten die Preise für übertrieben und setzen auf fallende Kurse, die anderen rechnen damit, dass die Preise weiter steigen werden und kaufen. Wer am Ende Recht hat ist ungewiss: Beide Spekulanten-Gruppen tragen ein Risiko: Jenes, das ihre Spekulation nicht aufgehen wird.
Risikoübertrag findet statt
Dieser Risikoübertrag erfüllt eine überaus wichtige Funktion: Der Weizenbauer kann seine Produktion demjenigen Spekulanten verkaufen, der bereit ist, bei hohen Preisen noch zu kaufen. Gleichwohl kann ein Weizeneinkäufer Terminkontrakte von einem Spekulanten erwerben, der gerade bereit ist, auf fallende Kurse zu setzen, der also verkauft. Durch die Spekulation füllt sich das Orderbuch, in dem alle Kauf- und Verkaufsaufträge aggregiert gesammelt werden. Ohne die Spekulation wären zwar auch Orders vorhanden, aber eben eine geringere Zahl. An der Börse spricht man hier von der Orderbuchtiefe oder Liquidität eines Marktes. Es gilt als erwiesen, dass eine hohe Liquidität eines Marktes dazu führt, dass der Markträumungspreis, der festgestellt wird, eine möglichst hohe Güte besitzt.
Spekulanten sorgen also durch ihre Bereitschaft, Risiken zu übernehmen, dafür, dass die Preisgüte eines Marktes verbessert wird. An liquiden Märkten können sich Produzenten und Verarbeiter aus der Industrie stets sicher sein, jederzeit zu Handelszeiten einen geeigneten Käufer oder Verkäufer finden zu können. Regulierungen, die das Ausscheiden von Marktteilnehmern erzwingen würden - etwa die Spekulation unterbinden - könnten diese wichtige Funktion des Marktes beschädigen.
Ein doppelter Vorwurf
Entgegen dieser Tatsache steht ein doppelter Vorwurf im Raum: Dass Spekulanten Hunger erzeugen und daran auch noch Profit schlagen. Das halte ich für falsch. Wer ein Risiko durch eine Spekulation auf steigende Preise akzeptiert trägt eben auch das Risiko, Geld zu verlieren, wenn der Preis sinkt. Es gibt auch in Phasen steigender Weizenpreise keine Garantie, dass man mit dem Kauf von Weizen später auch jemanden finden wird, dem man die Position zu einem höheren Preis wird verkaufen können.
Tatsächlich sind diese Vorwürfe nicht neu. Bereits vor gut 15 Jahren waren die selben Vorwürfe vorgebracht worden und die strittigen Punkte waren die selben. Solange Spekulanten aber keine physischen Weizen-Ladungen kaufen und diese vom Markt fernhalten, um diesen künstlich zu verknappen, wird immer das Risiko eines Verlusts drohen, wenn die Spekulation nicht aufgeht.
Jeder Long-Position in einem Terminkontrakt steht nämlich eine Short-Position in gleicher Höhe gegenüber. Die Gesamtzahl der offenen Terminkontrakte wird als "Open Interest" bezeichnet. Bei einem hohen Open Interest geht man also von einem hohen Handelsinteresse aus, bei einem niedrigen vom Gegenteil.
Spekulanten helfen, das Open Interest über verschiedene, auch in der Zukunft liegende Terminkontrakte zu streuen und die Verfügbarkeit von Weizen damit zu glätten. Ein unmittelbarer Engpass führt zu hohen Preisen, aber gleichzeitig versuchen vorausschauende Spekulanten abzuschätzen, wie die Versorgungslage in drei oder sechs Monaten sein wird und bewerten diese in einem Preis. Der Preis für ein Scheffel Weizen in einem Jahr wird bei 1,03 Dollar gehandelt und damit gut 15% tiefer als aktuell.
Fazit
Eine Lösung der Debatte darum, ob Spekulanten an Hungersnöten beteiligt sind, gibt es in letzter Instanz nicht. Es gilt wohl ein Weder-noch: Weder lässt sich sagen, dass sie es tun, noch das Gegenteil beweisen.
Der Debatte lässt sich wohl am besten durch mehr Transparenz begegnen. Einen guten Überblick zu den Kauf- und Verkaufspositionen von Spekulanten bieten die Daten der amerikanischen Terminbörsenaufsichtsbehö rde CFTC. Diese Committment of Traders-Daten zeigen wöchentlich um 21:30 Uhr mit zwei Tagen Verzögerung die aggregierten Positionen von Spekulanten für die zurückliegende Handelswoche. 56% der an der Terminbörse CME registrierten nicht-kommerziellen Händler sind zur Mitte der letzten Woche - den letzten verfügbaren Daten - long im Weizen gewesen. Sie ermöglichen quasi mit ihren Kaufpositionen eine Preisabsicherung für all jene Landwirte, die ihre Ernte in diesem Jahr zu den auskömmlichen Preisen absichern.
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